Autor: Thilo Wierzock

Zeittafel 

In der Regel beginnen die bekannten Zeittafeln zur Geschichte der Grenze zwischen der BRD und DDR mit dem Jahr 1945 – also der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht und dem Ende des II. Weltkriegs. Die hier folgende Zeittafel soll in Ergänzung und zum Gesamtverständnis die vorangehenden Abstimmungen der Alliierten (1943-1945) im Umgang mit dem Deutsche Reich nach dem Krieg skizzieren. Gleichartig enden für gewöhnlich die Zeittafeln im Jahr 1990 - dem Jahr des Beitritts der DDR zur BRD. Auch hier soll die folgende Zeittafel ein paar Eindrücke von Geschehnisse um das Grenzregime der DDR aufzeichnen, die sich noch über das Jahr 1990 herausstrecken.

 


- 1943 -

Januar - Auf der 1. Alliiertenkonferenz in Casablanca einigt sich der US-amerikanische Präsident Franklin D. Rossevelt und der britische Premierminister Winston Churchill auf die "Germany-First-Strategie"; hiernach soll Deutschland als gegnerisches Hauptziel schnellstens besiegt werden.

14. Januar - Arbeitsbeginn der Europäischen Beratungskommission "EAC" (European Advisory Commission) mit Delegierten der UdSSR, der Vereinigten Staaten und Großbritannien -  seit dem 27. November 1944 - zusätzlich unter Teilnahme Frankreichs - in London.

1. Dezember - 2. Alliiertenkonferenz (Stalin, Churchill, Roosevelt) in Teheran zur  Deklarierung der weiteren Vorgehensweise auf den europäischen Kriegsschauplätzen.

- 1944 -

12. September -  Im Rahmen einer ordentlichen EAC-Sitzung wird ein erstes Zonenprotokoll in London abgefasst. Es beschreibt die Planung zur Abgrenzung einer östlichen, nordwestlichen, südwestlichen Zone in Deutschland und der Dreiteilung des Stadtgebietes von Berlin. Als Grundlage werden die Grenzen Deutschlands vom 31. Dezember 1937 sowie Groß-Berlins vom 27. April 1920 herangezogen. Eine Zuordnung der nordwestlichen bzw. südwestlichen Zonen in Deutschland bzw. Groß-Berlin jeweils als britische oder amerikanische Teilgebiete findet noch nicht statt. Die dafür vorgesehenen betreffenden Textstellen sind lediglich mit Leerzeichen dokumentiert, wohingegen die Ostzone und die nordöstliche Zone Groß-Berlins bereits direkt mit „U.S.S.R.“ vermerkt ist.

14. November - Im 2. EAC-Protokoll in London werden die Zuteilungen der Westzonen präzisiert. Am 26. Juli 1945 tritt Frankreich den Vereinbarungen im Zuge eines 3. EAC-Protokolls bei. Von Anfang an wird bei den östlichen Grenzen zu den westlichen Zonen von den Westgrenzen Thüringens, Anhalts und der preußischen Provinz Sachsen gesprochen. Das bedeutet, dass die Gebiete östlich der Werra und westlich der Elbe von Anfang an als Teile der östlichen Zone vorgesehen sind, und nicht - wie nachträglich häufig behauptet - gegen West-Berlin getauscht werden.

- 1945 -

4. Februar - 3. Alliierten Konferenz (Stalin, Churchill, Roosevelt) in Jalta auf der Krim zur Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen und zur Machtverteilung in Europa. Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill erkennen eine neue, weiter westlich verlaufende Grenze zwischen Polen und der Sowjetunion an, die etwa der 1939 im Hitler-Stalin-Pakt festgelegte Markierung entspricht. Der daraus resultierende Gebietsverlust Polens soll im Westen durch "beträchtlichen" Territorialgewinn auf Kosten Deutschlands kompensiert werden.

14. März - Josef Stalin überträgt die Verwaltung der mittlerweile völlig von der Roten Armee besetzten Reichsgebiete östlich der Flüsse Oder und Neiße einer von ihm abhängigen polnischen Regierung - als Kompensation für die der UdSSR einverleibten ostpolnischen Regionen. Die Folge: Millionen Deutsche werden in den folgenden Jahren aus ihrer Heimat vertrieben.

25. April - Bei der sächsischen Kleinstadt Strehla an der Elbe treffen erstmals amerikanische und sowjetische Soldaten zusammen. Noch am selben Tag kommt es zu einer weiteren Begegnung der verbündeten Armeen in dem nahe gelegenen Torgau. Von nun an ist der deutsche Kampfraum zweigeteilt.

26. April - "Deutschland wird nicht zum Zweck der Befreiung besetzt", stellt das US-Außenministerium in einer Direktive für die Besatzungstruppen fest, sondern um die Ziele der Alliierten zu verwirklichen. Dazu gehört vor allem die Entnazifizierung der deutschen Gesellschaft.

30. April - In Berlin begeht Adolf Hitler Selbstmord, nachdem er tags zuvor Großadmiral Karl Dönitz zu seinem Nachfolger als Staatsoberhaupt bestimmt hat.

1. Mai - Festlegung der Grenzen der französischen Besatzungszone in Deutschland durch die EAC.

2. Mai - Die letzten deutschen Truppenteile kapitulieren in der Reichshauptstadt Berlin.

3. Mai - Unter Führung des ehemaligen Reichstagsabgeordneten Walter Ulbricht (KPD) erreicht eine Gruppe kommunistischer Funktionäre aus dem Moskauer Exil Deutschland. Diese "Gruppe Ulbricht" (Fritz Erpenbeck, Karl Maron, Hans Mahle, Walter Köppke, Richard Gyptner, Wolfgang Leonhardt, Otto Winzer, Gustav Gundelach und Otto Fischer) sollen die sowjetische Militärkommandantur beim Aufbau einer neuen Verwaltung in Deutschland unterstützen.

3. Mai - Die provisorische Reichsregierung residiert unter Karl Dönitz in der Marineschule von Flensburg-Mürwik bis am 23. Mai Karl Dönitz, Alfred Jodl und von Hans-Georg Friedburg durch General Lowell Ward Rooks die Auflösung der Reichsregierung mitgeteilt wird; gleichlaufend erfolgte deren Verhaftung durch britische Militärpolizei.

7. Mai - Gegen 20 Uhr bombardieren sowjetische Kampfpiloten das sächsische Radeberg. Es ist der letzte Luftangriff auf eine deutsche Stadt.

7. und 8. Mai - Bedingungslose Kapitulation der Streitkräfte des Deutschen Reichs gegenüber den Alliierten. Um diese Kapitulation(en) ranken sich vielzählige Legenden. Tatsächlich gibt es zwei Kapitulationsakte:

Am 7. Mai in Reims (Frankreich) mit den Unterzeichnungen des US-Generalleutnant Walter Bedell Smith (Stabschef unter Dwight D. Eisenhower) für die Westfront und der sowjetische Generalmajor Iwan Susloparow (Verbindungsoffizier im westlichen Hauptquartier) für die Ostfront. Als Vertreter der Deutschen Wehrmacht unterzeichnen Generaloberst Alfred Jodl (Chef des Wehrmachtführungsstabes), Generaladmiral Hans-Georg Friedburg (kommandierender Admiral der deutschen Unterseeboote) und Major Wilhelm Oxenius (Dolmetscher) im Auftrag von Karl Dönitz. Der französische General Jean de Lattre de Tassigny  und der US-General Carl A. Spaatz unterschreiben als Zeugen.

Am 8. Mai wird die Kapitulation auf Wunsch der Sowjetunion und Großbritanniens im Gebäude des Offizierskasino der Pionierschule I der Deutschen Wehrmacht in Berlin-Karlshorst öffentlichkeitswirksam ratifiziert. Für die Deutsche Wehrmacht unterzeichnen Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel (Chef des Oberkommandos der Wehrmacht), - wiederholend - Generaladmiral Hans-Georg Friedburg  und Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff (Generalstabschef der deutschen Luftwaffe) die bedingungslose Kapitulationsurkunde. Auf Seiten der Alliierten zeichnen Marschall Georgi Shukow (sowjetischer Oberkommandierender) und der britische Air-Marshall Arthur Tedder. Als Zeugen - ebenfalls wiederholend - unterzeichnen der US-General Carl A. Spaatz und der der französische General Jean de Lattre de Tassigny. Die Regierungsgewalt im ganz Deutschland geht nun offiziell auf die Alliierten über.

22. Mai -   Unter den Namen „Operation Unthinkable“ (Operation Undenkbar) beauftragt der britische Premierminister Winston Churchill die Aufstellung eines Angriffskonzepts zur militärischen Unterwerfung der verbündeten Sowjetunion durch Großbritannien und der USA. Aufgrund der zahlenmäßigen Überlegenheit der Roten Armee beabsichtigte man zusätzlich die Wiederbewaffnung von ca. 100.000 Soldaten der Deutschen Wehrmacht. Der ausgearbeitete Plan wird Winston Churchill zwei Wochen nach der deutschen Kapitulation vom Chief of Staff, Generalleutnant Sir Hastings Lionel Ismay übergeben und am 8. Juni 1945 und 11. Juli 1945 ergänzt. Als Termin für den Angriff auf die Sowjetunion wird der 1. Juli 1945 festgelegt. Der Plan wird vom britischen Chiefs of Staff Committee aus militärpolitischen Gründen als undurchführbar eingestuft und daher kurzfristig fallen gelassen. Von dieser Zeit an entwickelt sich anstatt des offenbar kurzzeitig in Erwägung gezogenen Angriffskrieges gegen die Sowjetunion der später sogenannte „Kalte Krieg“ als Konflikt zwischen den Besatzungsmächten Deutschlands. Der als „streng geheim“ eingestufte Plan wird der Öffentlichkeit erstmals 1998 zugänglich gemacht.

25. Mai - Beginn des Aufbaus neuer Deutscher Polizeiorganen in der SBZ. Schon ab den 1. Juli werden deutsche Polizeiangehörige zur Unterstützung der Roten Armee an der Demarkationslinie (DL) eingesetzt. 
VII. Lehrgang d. Bezirkspolizeischule Brandenburg im Herbst 1945. Zu erkennen sind die unterschiedlichen Wehmachts- und Polizeiuniformen. Im Vordergrund die beiden Lehrgangsleiter Krüger und Böhle (v.l.n.r). (Privatarchiv d. Verf.)

5. Juni - Proklamationen der vier Besatzungsmächte in den vordefinierten Besatzungszonen zur Übernahme der obersten Regierungs- und Kontrollgewalt in Deutschland. Das ehemalige Deutsche Reich besteht von nun an aus viel unabhängigen Besatzungszonen: Großbritannien verwaltet die Region der heutigen Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg mit fast 23 Mio. Einwohnern. Die USA übernehmen Bayern, Hessen sowie Teile Baden-Württembergs und - etwas später - Bremen mit 16,8 Mio. Bürgern. Frankreich erhält einen weiteren Teil Baden-Württembergs, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit insgesamt 5,8 Mio. Einwohner. Die sowjetische Besatzungsmacht übernimmt die gesamte sowjetische Besatzungszone mit etwa 18 Mio. Menschen. Politische Entscheidungen, die das ganze Deutschland betreffen, sollen von nun an durch ein gemeinsames Regierungsgremium - dem Alliierten Kontrollrat - entschieden werden.

9. Juni - Bildung der Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD).